Familienreport 2024 vorgestellt: Der Gender Care Gap bleibt

Viele Familien wünschen sich eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, doch die Realität bleibt schwierig, wie der neue Familienreport zeigt.

Drei Personen gehen spatzieren

Familie: Ein Symbolbild Foto: Annette Riedl/dpa

BERLIN taz | Am Dienstag veröffentlichte das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend den Familienreport 2024, einen Tag vor dem internationalen Familientag. Der Bericht vereint verschiedene Statistiken, Studien und Umfragen, um die aktuelle Situation von Familien in Deutschland darzustellen. Zuletzt erschien er im Jahr 2020. Der Report zeigt Trends in Richtung Gleichberechtigung – aber auch, dass Wünsche und Realität häufig auseinanderklaffen.

Laut einer Erhebung des Statistischen Bundesamtes leben immer weniger Menschen in Familien. Während 2005 noch gut 53 Prozent der Bevölkerung in einer Familie lebten, tun dies 2024 noch 49 Prozent. Trotzdem zeigt der Familienreport, dass Familien für die meisten Menschen immer noch am meisten Halt und Sicherheit geben, wenn sie sich in einer schwierigen Situation befinden. Auch in Krisenzeiten sind familiäre Beziehungen fördernd: Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung gaben Eltern vermehrt an, dass sie sich auf die Zukunft freuen.

Familienpolitische Vorhaben der Ampel-Bundesregierung erfuhren laut Bericht unter Eltern große Zustimmung: Rund 90 Prozent der befragten Eltern befürworten eine Erhöhung des Kindergeldes. 70 Prozent sind für die Einführung einer Kindergrundsicherung und fast 80 Prozent für die Einführung der Familienstartzeit.

Durch die Familienstartzeit soll das nicht gebärende Elternteil nach der Geburt einen zehntägigen Sonderurlaub bekommen. Bislang muss Urlaub oder Elternzeit genommen werden. Die Regelung steht im Koalitionsvertrag, konnte bisher aber wegen Unstimmigkeiten bei der Finanzierung nicht durchgesetzt werden.

Wünsche und Realität gehen bei Carearbeit auseinander

Der Bericht stellt außerdem fest, dass die Wünsche von Eltern für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie häufig von der Realität abweichen. Eltern, die Care- und Lohnarbeit gleichberechtigt aufteilen, berichten von einem besseren „Familienklima“ und einer engeren Beziehung zwischen Eltern und Kind. Diese partnerschaftliche Aufteilung wünschen sich viele Eltern, schaffen es aber häufig nicht, dies auch umzusetzen. Während 75 Prozent der Mütter angaben, den Großteil der Kinderbetreuung zu übernehmen, waren nur fast 50 Prozent mit dieser Aufteilung zufrieden.

Ein Großteil der Mütter und Väter finden es wichtig, sich gegenseitig in der Berufstätigkeit zu unterstützen. Eine gleichberechtigte Aufteilung von Kinderbetreuung und Haushalt ergibt sich dadurch allerdings nicht: Während die Hälfte der Väter angaben, dass ihre Partnerin viel im Haushalt übernehme und ihnen so die Berufstätigkeit ermögliche, konnten nur 15 Prozent der Mütter dasselbe von ihrem Partner behaupten.

Der Gender Care Gap beschreibt die ungleiche Verteilung von Kinderbetreuungs- und Haushaltsaufgaben zwischen Müttern und Vätern. Dieser lag 2022 bei fast 45 Prozent – was bedeutet, dass Frauen täglich 45 Prozent mehr unbezahlte Care-Arbeit leisten als Männer. 2012 lag dieser noch bei fast 54 Prozent.

Doch nicht nur Mütter sind mit dieser Ungleichheit unzufrieden, auch Väter wünschen sich eine bessere Vereinbarkeit von Arbeit und Familie. Jeder Zweite hat deswegen schon mal überlegt, den Arbeitgeber zu wechseln. Zehn Prozent haben dies tatsächlich auch getan.

„Der Report gibt uns als Bundesregierung Rückenwind für eine starke Familienpolitik,“ erklärte Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) am Dienstag. „Familien brauchen neben finanzieller Unterstützung auch gute Betreuungsangebote.“ Der Fokus liege hier auf einem besseren Personalschlüssel, bei der Sprachförderung und einer „dringend benötigten Gewinnung und Sicherung von Fachkräften“.

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